Bericht zur Gemeinderatssitzung am 12-11-09

Bericht des Bürgermeisters

In einem kurzen Bericht zu Beginn der Sitzung gab Bürgermeister Alois Straubinger zunächst die am 3.11.2009 gemessenen PFOA-Werte für das Trinkwasser bekannt: Brunnen 1: 0,35 µg/l; Brunnen 2: 0,40 µg/l. Die Aktivkohlefilteranlage soll ab 16.11.2009 in Betrieb gehen, PFOA wird dann nur noch in einer Menge von 0,01 µg/l im Wasser enthalten sein.

Zu den Schmierereien an den Turnhallenwänden gab er bekannt, dass zur Ermittlung des oder der Täter die Polizei eingeschaltet wurde.

Zum Baugebiet Wirtsfeld-Ost teilte er mit, dass die Erschließungsmaßnahmen weitgehend abgeschlossen sind.



Genehmigungsverfahren Gaskraftwerk der OMV

Ausführlich befasste sich der Gemeinderat mit der Stellungnahme der Gemeinde Haiming zu den Genehmigungsunterlagen für das Gaskraftwerk.

Zum immissionsrechtlichen Teil gab der beauftragte Sachverständige Dipl.Ing. Warm aus Freilassing zunächst die Ergebnisse seiner Überprüfung bekannt. Erneut betonte er, dass die Antragsunterlagen für diesen Bereich hervorragend sind: sehr umfangreich, aussagekräftig und mit zahlreichen und umfassenden Gutachten abgesichert. Lediglich in Teilbereichen gäbe es Mängel, so bei der fehlenden Darstellung und Berechnung der zur Konditionierung des Kühlwassers verwendeten Stoffe und bei der Verwendung der Daten der Messstation Mühldorf zur Berechnung der klimatischen Auswirkungen des Gaskraftwerkes. Auch fehle eine Berechnung der Emissionen für den dargestellten Teillastbetrieb des Kraftwerkes. Er wies aber darauf hin, dass auch bei Annahme sehr ungünstiger Ausgangsszenarien die daraus berechneten Belastungswerte sehr gering und damit ohne Auswirkungen für die Bevölkerung seien. Er zog das Fazit: Beim Betrieb des Kraftwerkes sind keine signifikanten Umweltbelastungen zu erwarten.


Der Gemeinderat beschloss, nach ausführlicher Beratung der einzelnen Teilaspekte der Antragsunterlagen, zu folgenden Bereichen Einwendungen bei der Regierung von Oberbayern erheben:

Betriebsart: Hier wendet sich die Gemeinde gegen den Betrieb als reines Spitzenlastkraftwerk.

Kühlwasser: Hier wird nochmals betont, dass in keinem Fall Grundwasser, auch nicht aus dem Bereich der OMV-Raffinerie, verwendet werden darf, auch nicht in dem Fall, wenn Wasser aus dem Bereich der Wacker-Chemie nicht zur Verfügung steht.

Behandlung des Kühlwassers: Hier rügt der Gemeinderat die fehlende Darstellung und Berechnung der zur Konditionierung verwendeten Stoffe und Freisetzung durch Dampfschwaden. Auch ist sicherzustellen, dass das aus dem Bereich Wacker-Chemie übernommene Kühlwasser nicht mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sein darf.

Kühlturm: Hier gab es eine längere Diskussion darüber, ob verlangt werden soll, dass zusätzlich andere technische Möglichkeiten der Kühlung untersucht werden müssen. Dies wurde dann nach Mehrheitsbeschluss als Einwendung aufgenommen, ergänzt mit der Forderung, bereits prozesstechnisch auf eine Verringerung der verdunsteten Wassermenge von ca. 660 Tonnen pro Stunde hinzuarbeiten. Erneut betont wurde die Anforderung an optimalen Lärmschutz an den Kühltürmen.

Schutzgut Luft: Für den gesamten Bereich der Schadstoffemissionen in die Luft und deren Auswirkungen wird bemängelt, dass die den Berechnungen zugrunde gelegten Daten der Messstation Mehring nicht übertragbar sind. Deswegen darf nach Auffassung des Gemeinderates eine Genehmigungsentscheidung erst ergehen, wenn verlässliche Daten aus dem Gemeindebereich vorliegen. Auch lässt sich erst dann der sog. Summeneffekt der Schadstoffimmissionen feststellen.

Schutzgut Klima: Auch hier wird gerügt, dass die zur Berechnung verwendeten Daten der Messstation Mühldorf nicht die Verhältnisse in Haiming wiederspiegeln und deswegen die klimatischen Auswirkungen, insbesondere durch Dampfschwadenbildung, nicht zuverlässig berechnet werden können. Ebenfalls unberücksichtigt bleibt hier der Summeneffekt mit bereits jetzt aus dem Bereich Wacker und OMV-Raffinerie aufsteigenden Dampfschwaden.

Schutzgut Landschaft: Hier bekräftigte der Gemeinderat seinen Beschluss aus der Sitzung vom 5.11.2009, dass ohne Einbezug der möglichen Stromtrasse eine abschließende Bewertung verschiedener Schutzgüter, insbesondere Gesundheit und Landschaft, nicht möglich ist und deswegen nur eine gemeinsame Genehmigungsentscheidung getroffen werden darf.


Bevor sich der Gemeinderat mit der bauplanungsrechtlichen Stellungnahme befasste, legte GR Josef Pittner in einer Präsentation dar, welche Chancen und Vorteile das Gaskraftwerk bietet, welche positiven Gesichtspunkte von manchen Gegnern nicht gehört werden wollen und wie unsere eigene Zukunft einen sachlichen und verantwortungsvollen Umgang mit den zu entscheidenden Fragen erfordert.


Bauplanungsrecht:Hier hat die Gemeinde zu prüfen, ob das Vorhaben mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes übereinstimmt. Bereits in der Sitzung vom 5.11.2009 wurde mehrheitlich (9:6 Stimmen) festgestellt, dass die im Bebauungsplan geforderte Standortbindung durch das geplante Gaskraftwerk erfüllt wird.

Bei der Höhe der beiden Kesselgebäude weicht die Planung von den festgesetzten Höhen ab; zulässig sind 30 Meter, geplant sind 39 Meter. Die OMV hat dafür eine Befreiung von den Festsetzungen beantragt.

Nach den Bestimmungen des Baugesetzbuches (§ 31 Abs.2 BauGB) kann eine solche Befreiung nur erteilt werden, wenn kein „Grundzug der Planung“ berührt ist. Der Gemeinderat hatte also zunächst festzustellen, ob die Festsetzung einer Gebäudehöhe von 30 Metern ein Grundzug der Planung für das Industriegebiet ist. In der Diskussion gingen die Meinungen dazu stark auseinander, sowohl hinsichtlich der Bewertung, wie es zu dieser Festsetzung kam und was damit bewirkt werden sollte, als auch dazu, ob man sich jetzt – bei Kenntnis des konkreten Vorhabens – nochmals zu dieser Festsetzung entscheiden würde. Diskutiert wurde auch, ob hier die rechtlichen Erwägungen überwiegen oder der „gesunde Menschenverstand“; auch war streitig, ob eine – möglicherweise nur taktische – Verzögerung das gesamte Vorhaben gefährdet oder ob nicht langfristig gesehen eine Änderung des Bebauungsplanes eine sichere rechtliche Grundlage für das Gaskraftwerk schafft. Weiter wurde die Möglichkeit betont, im Rahmen eines solchen „vorhabenbezogen Bebauungsplanes“ in Verhandlungen mit der OMV eine befriedigende Lösung zur Stromabführung zu finden; befürchtet wurde aber, ob dann nicht mit einem Bürgerentscheid gegen eine Änderung des Bebauungsplanes nicht eine so starke Verzögerung eintritt, dass die OMV auf das Vorhaben verzichtet.

Nach der sehr ausführlichen und sachlichen Diskussion stellte der Gemeinderat mit 9:6 Stimmen fest, dass die Festsetzung einer Gebäudehöhe von 30 Metern ein Grundzug der Planung ist.

Folgerichtig wurde dann jeweils mit 15:0 Stimmen der Antrag auf Befreiung abgelehnt und das Einvernehmen der Gemeinde zum geplanten Gaskraftwerk verweigert.

Diese Entscheidung bindet die Regierung von Oberbayern als Genehmigungsbehörde. Nur wenn sie den Beschluss des Gemeinderates Haiming als rechtswidrig betrachtet, kann sie das Einvernehmen der Gemeinde ersetzen und das Gaskraftwerk genehmigen.


In der Sitzung am 10.12.2009 wird der Gemeinderat über die Aufstellung eines „vorhabenbezogenen“ Bebauungsplanes für das Gaskraftwerk in Abänderung des bestehenden Bebauungsplanes beschließen.


wb